Kameraattrappe löst Unterlassungsanspruch aus

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Daniel Loschelder
Anwalt für Markenrecht
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Eine Kameraattrappe, die an einem Haus angebracht ist, löst einen Unterlassungsanspruch des Nachbarn aus, da sich dieser einem Überwachungsdruck ausgesetzt sieht, der einen Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht darstellt und nicht hinzunehmen ist. Das hat das Amtsgericht München in einem von uns geführten Verfahren entschieden (Urteil vom 8. Dezember 2020, Az. 133 C 4449/20). das Amtsgericht München hat wie folgt ausgeführt:

Nach übereinstimmender Teilerledigterklärung bezüglich der ursprünglichen Hauptforderung war nur noch über die beantragten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu entscheiden. Insofern ist die zulässige Klage begründet.

1. Aufgrund bindender Verweisung durch das Landgericht München vom 16.03.2020 ist das Amtsgericht München zuständig (§ 281 Abs. 2 S. 4 ZPO).

2. Dem Kläger steht nach § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. § 249 BGB ein Anspruch auf Ersatz von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten iHv 492,54 EUR zu. Denn selbst mit der Anbringung einer bloßen Kameraattrappe hat der Beklagte rechtswidrig und schuldhaft in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers eingegriffen mit der Folge, dass der Kläger die ihm zur Abwehr entstandenen Anwaltskosten ersetzt verlangen kann. Hierzu im Einzelnen:

Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht ist als „sonstiges Recht“ im Rahmen von § 823 Abs. 1 BGB geschützt. Dabei kann offen bleiben, ob es sich vorliegend um eine funktionierende Kamera oder eine bloße Attrappe gehandelt hat. Denn eine Beeinträchtigung bzw. Rechtsgutverletzung kann auch bestehen, wenn nur eine Kameraattrappe existiert und Dritte eine Überwachung objektiv ernsthaft befürchten müssen (sog. Überwachungsdruck). Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Die Befürchtung, durch vorhandene Überwachungsgeräte überwacht zu werden, ist dann gerechtfertigt, wenn sie auf Grund konkreter Umstände als nachvollziehbar und verständlich erscheint, etwa auf Grund objektiv Verdacht erregender Umstände. Liegen solche Umstände vor, kann das Persönlichkeitsrecht des (vermeintlich) Überwachten schon auf Grund der Verdachtssituation beeinträchtigt sein (Amtsgericht Dinslaken, Urteil vom 05.03.2015, Az.: 34 C 47/14; Landgericht Berlin, Beschluss vom 01.02.2018, Az.: 67 S 305/17; BGH, Urteil vom 16.03.2010, Az.: VI ZR 176/09). Allein die hypothetische Möglichkeit einer Überwachung durch Videokameras und ähnliche Überwachungsgeräte beeinträchtigt hingegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht derjenigen, die dadurch betroffen sein könnten, nicht. Deshalb ist die Installation einer Überwachungsanlage auf einem privaten Grundstück nicht rechtswidrig, wenn objektiv feststeht, dass dadurch öffentliche und fremde private Flächen nicht erfasst werden, wenn eine solche Erfassung nur durch eine äußerlich wahrnehmbare technische Veränderung der Anlage möglich ist und wenn auch sonst Rechte Dritter nicht beeinträchtigt werden (BGH, a.a.O.).

Von diesen Grundsätzen ausgehend beeinträchtigt(e) das streitgegenständliche Gerät – bereits als Attrappe – das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers, indem dieses einen Überwachungsdruck erzeugte. Dabei kommt es nicht auf die Frage an, ob das Grundstück des Klägers durch den (hypothetischen) Aufnahmebereich der Attrappe erfasst wurde. Maßgeblich ist vorliegend, dass für den Kläger bzw. einen außenstehenden Dritten nicht erkennbar ist, in welche Richtung die Kamera(-attrappe) gerichtet ist und ob weiter eine bloße Attrappe oder nach technischer Veränderung eine Kamera mit Aufzeichnung betrieben wird (vgl. Amtsgericht Dinslaken, Urteil vom 05.03.2015, Az.: 34 C 47/14; Landgericht Berlin, Beschluss vom 01.02.2018, Az.: 67 S 305/17). Denn ausweislich der Anlage LL1 handelt es sich um eine schwarze bzw. verspiegelte 360-Grad-Kugelverglasung. Für einen außenstehenden Dritten ist nicht ersichtlich, ob hinter dem Glas eine echte Kamera betrieben wird oder lediglich eine Attrappe vorliegt. Eine (ggf. auch spätere) Erfassung des klägerischen Grundstücks ist bei einer sog. Dome-Kamera(-attrappe) – wie hier – nicht erkennbar, da dies – z.B. im Gegensatz zu einer Schwenkkamera – keine nach Außen hin sichtbare technische Veränderung des Gerätes voraussetzt.

Ein solcher Eingriff in das Persönlichkeitsrecht wäre nur zur Abwehr überwiegender Beeinträchtigungen von Rechtsgütern des Beklagten gerechtfertigt. Nach der vorzunehmenden Interessenabwägung besteht – selbst bei Wahrunterstellung der strittigen Belange des Beklagten – kein überwiegendes Interesse des Gerätebetreibers bzw. des Beklagten. Eine Beweisaufnahme konnte daher auch an dieser Stelle unterbleiben. Grundsätzlich gilt, dass ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nur dann verhältnismäßig und damit zulässig sein kann, wenn eine schwerwiegende Beeinträchtigung sonstiger schützenswerter Positionen droht und diesen schwerwiegenden Beeinträchtigungen nicht in anderer Weise zumutbar begegnet werden kann (BGH, Ur teil vom 25.04.1995, Az.: VI ZR 272/94; Landgericht Berlin, Urteil vom 14.08.2018, Az.: 67 S 73/18). In Konsequenz begründen also nur das Besorgen schwerwiegender und nachhaltiger Beschädigungen von Eigentum ein überwiegendes Interesse des Gerätebetreibers; leichtere Diebstähle oder Sachbeschädigungen sowie die allgemeine Abschreckung und Erhöhung der Sicherheit reichen hingegen nicht aus (Landgericht Berlin, Beschluss vom 01.02.2018, Az.: 67 S 305/17; Landgericht Berlin, Urteil vom 14.08.2018, Az.: 67 S 73/18).

Hiervon ausgehend vermag die vorgetragene Bedrohungslage – selbst bei Wahrunterstellung – kein überwiegendes Interesse des Beklagten zu begründen. Das bloße Unwohlsein aufgrund der veränderten Nachbarschaftszusammensetzung stellt dem Grunde nach schon keine objektive Beeinträchtigung dar. Konkrete Bedrohungen durch die Bewohner des Grundstücks Nr. 3 wurden nicht vorgetragen. Soweit diese die ganze Straße zuparken, ist dieser öffentlich-rechtliche Verstoß seitens der zuständigen Sicherheitsbehörden zu ahnden; eine Bedrohung für den Beklagten ist nicht erkennbar. Ebensowenig stellen als subjektiv verdächtig bewertete Transportaktivitäten auf dem Grundstück Nr. 4 eine objektive Bedrohung dar. Soweit der Garten des Beklagten – unterstellt – einige Male mit Gegenständen beworfen wurde, stellt dies keine schwerwiegende Beeinträchtigung dar. Es handelt sich bloß um eine Unannehmlichkeit. Konkrete Schäden hierdurch wurden nicht vorgetragen. Soweit der Beklagte weiter ganz allgemein auf die Gefährdungslage im Münchner Norden oder in der Umgebung verweist, vermag auch dies keine überwiegenden Interessen des Beklagten zu begründen. Dieser Vortrag ist zu pauschal. So lässt sich aus dem Herumkreisen von Polizeihubschraubern schon gar keine Gefährdungslage für das Eigentum des Beklagten ableiten. Einbrüche in der Region lassen keine Rückschlüsse auf eine Beeinträchtigung des konkreten Eigentums des Beklagten zu. Sämtliche beklagtenseits angeführten Beispiele betreffen nicht das unmittelbare Umfeld des Hauses des Beklagten, sondern andere Orte bzw. Örtlichkeiten. Ungeachtet dessen langt das Bedürfnis nach allgemeiner Abschreckung und Erhöhung der Sicherheit nicht für die Annahme einer überwiegenden Beeinträchtigung aus (s.o.). Aus demselben Grund führt auch die bloße Einstufung als gefährdete Person nicht zu einem überwiegenden Interesse des Beklagten an der (vorgetäuschten) Überwachung. Eine konkret erhöhte Bedrohungslage wurde nicht näher dargelegt. Im Übrigen spricht es gerade gegen eine Bedrohung des Beklagten und seines Hausstandes im – maßgeblichen – räumlichen Bereich des Anwesens, wenn seine Telefonnummer und Daten nicht öffentlich zugänglich sind und damit der Wohnsitz für Dritte unbekannt bleibt. Sofern weiter auf Verkratzungen des Autos, auf Entführungen von Kollegen und Geldautomatensprengungen abgestellt wird, so fehlt es zunächst an substanziiertem Vortrag zu einer andauernden erhöhten Gefährdungslage. Zudem ist auch nicht näher vorgetragen, dass derartige Vorkommnisse gerade am Wohnsitz (und nicht etwa am Firmensitz) erfolgten bzw. drohen. Insofern ist eine besondere Gefährdungslage für den Bereich des Anwesens des Beklagten, zu deren Abwehr die Kamera(-attrappe) dienen soll, nicht ersichtlich. Ungeachtet dessen könnte derartigen Bedrohungen auch in anderer Weise zumutbar begegnet werden, z.B. durch eine entsprechende Zaun- oder Schließanlage. Hierdurch wäre der Kläger weniger beeinträchtigt. Darüber hinaus ist der Verweis der Beklagtenseite auf ein Giebelfenster des Beklagten, von dem aus eine Beobachtung des Klägers stattfinden könnte, für die Interessenabwägung unerheblich. Denn der durch eine Kameraattrappe erzeugte Dauerüberwachungsdruck wird dadurch nicht relativiert. Entgegen der Ansicht des Beklagten fällt die Interessenabwägung schlussendlich auch nicht deshalb zu Gunsten des Beklagten aus, als dem Kläger gekündigt wurde. Zunächst handelt es sich bei diesem Vortrag um eine bloße Vermutung. Eine Nennung des konkreten Kündigungszeitpunktes unterbleibt. Weiter ist unklar, ob die Kündigung – auch in Anbetracht einer möglichen gerichtlichen Überprüfung – rechtmäßig erfolgte und der Kläger schon bei Klageerhebung mit einem sicheren Auszug rechnete.

Zusammenfassend geht das Gericht von einer nicht gerechtfertigten Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers aus mit der Folge, dass diesem die notwendigen Rechtsverfolgungskosten zu ersetzen sind. In diesem Zusammenhang kommt es nicht auf die streitigen Umstände des Aufbaus der Kamera(-attrappe) und der Abwesenheit des Beklagten zur Zeit des Schreibens vom 19.09.2019 (Anlage LL3) an. Auch wenn sich der Kläger nicht zuerst direkt an den Beklagten zur Klärung der Problematik gewandt hat, so lässt dies die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der sofortigen Anwaltseinschaltung nicht entfallen. In schwierigen und streitigen Fällen ist die Erforderlichkeit einer Anwaltseinschaltung gegeben (Ulrich Magnus in: Dauner-Lieb/Langen, BGB-Schuldrecht Kommentar, 3. Aufl. 2016, § 249 Rn. 78). Ein einfach gelagerter Fall, der einer sofortigen Anwaltseinschaltung widerspräche, liegt – ausweislich obiger Ausführungen mit den dargestellten umfangreichen Rechtsfragen – nicht vor.

Auf Basis eines Gegenstandswertes von 5.000,00 EUR ergibt sich bei einer 1,3 Geschäftsgebühr samt Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer ein Betrag von 492,54 EUR.

Die Verzinsungspflicht folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2, 187 Abs. 1 BGB und beginnt einen Tag nach Zustellung der Klage vom 14.12.2019 am 15.12.2019.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 91a Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 i.V.m. 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Nach § 91 Abs. 1 ZPO hat der Beklagte die Kosten seines Unterliegens bezüglich der anhängig gebliebenen Klageforderung zu tragen. Bezüglich der übereinstimmenden Teilerledigterklärung (Beseitigungsanspruch der Kamera) und der Kostenentscheidung nach § 91a Abs. 1 ZPO hat auch hier der Beklagte die Kosten zu tragen. Die Parteien haben den Rechtsstreit insofern teilweise übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Gericht hat deshalb unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands nach billigem Ermessen darüber zu entscheiden, wie die diesbezüglichen Kosten des Rechtsstreits zu verteilen sind. Ausschlaggebend ist hierbei insbesondere der ohne die Erledigterklärung zu erwartende Verfahrensausgang, wobei lediglich eine summarische Prüfung der jeweiligen Erfolgsaussichten erfolgen kann. Vorliegend sind der beklagten Partei die diesbezüglichen Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da sie ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses in dem Rechtsstreit voraussichtlich unterlegen wäre. Denn nach §§ 823 Abs. 1 i.V.m. 1004 BGB stand dem Kläger wegen Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts ein Anspruch auf Beseitigung der Kamera(-attrappe) zu. Insofern wird auf obenstehende Ausführungen Bezug genommen.

Die Kosten der teilweisen Klagerücknahme von 394,49 EUR (887,03 EUR – 492,54 EUR) bezüglich der ursprünglich geltend gemachten Anwaltskosten hat nach § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO grundsätzlich die Klägerseite zu tragen. Nach § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist diese Klagerücknahme im Verhältnis zum restlichen Obsiegen (in der Klage und im Rahmen der übereinstimmenden Erledigungsentscheidung) aber verhältnismäßig geringfügig, so dass dem Beklagten die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen waren.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.

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