Werbung für „perfekte Zähne“ ist unzulässig und wettbewerbswidrig

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Daniel Loschelder
Anwalt für Markenrecht
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Werbung für „perfekte Zähne“ ist unzulässig und wettbewerbswidrig

Werbung für „perfekte Zähne“ durch einen Zahnarzt ist unzulässig, da es sich dabei um ein unzulässiges Erfolgsversprechen handelt. Das hat das OLG Frankfurt mit Urteil vom 27. Februar 2020, Az. 6 U 219/19 entschieden. Der Rechtsstreit wurde von zwei Kieferorthopäden geführt, die miteinander im Wettbewerb stehen. Das OLG Frankfurt hat dabei entschieden, dass es sich bei der Angabe „perfekte Zähne“ nicht etwa um ein zulässiges Werturteil, sondern vielmehr um eine Tatsachenangabe handelt, die ein Erfolgsversprechen beinhaltet.

Diese Entscheidung zeigt, wie wichtig die rechtskonforme Werbung ist. Gerne sind wir Ihnen als Spezialisten im Werberecht behilflich, Ihre Werbekampagnen abzusichern oder unlautere Werbung Ihrer Konkurrenz zu unterbinden.

Das Urteil des OLG Frankfurt im Volltext können Sie hier nachlesen:

Gründe: 

I.

Die Parteien sind Kieferorthopäden. Sie streiten im Eilverfahren über Werbeaussagen der Antragsgegnerin für das von ihr angebotene „Invisalign“-Zahnschienen-System auf der von ihr verantworteten gleichnamigen Homepage.

Das Landgericht Frankfurt hat durch Beschluss vom 03.07.2019 – soweit in der Berufung noch von Interesse – der Antragsgegnerin u.a. untersagt, im geschäftlichen Verkehr in Deutschland zu Zwecken des Wettbewerbs mit den Aussagen zu werben:

 

a) “ „Ilovemysmile ist eine kostengünstige individuelle Zahnspange für Leute, die wenig Zeit haben und trotzdem perfekte Zähne haben möchten. Sie sehen sofort beim ersten Termin, welche Ergebnisse Sie innerhalb von 6 Monaten erreichen können.“
c) “ „Bei ilovemysmile erhält man vierzehn Schienen für jeden Kiefer, die man jeweils 2 Wochen trägt, jede Schiene ist anders und verändert Ihre Zähne Schritt für Schritt … Und bald werden Sie auf Fotos deutlich schöner Lächeln“

Auf den hiergegen eingelegten Widerspruch hat das Landgericht durch Urteil vom 18.09.2019, auf das gem. § 540 I ZPO wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, die einstweilige Verfügung aufgeboben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Antragsgegnerin erwecke nicht fälschlich den Eindruck, dass ein Erfolg – perfekte Zähne – mit Sicherheit erwartet werden könne. Es handele sich insoweit nicht um eine objektive Tatsachenbehauptung, sondern um ein Werturteil; im Übrigen liege erkennbar eine reklamehafte Übertreibung vor. Gleiches gelte für „schöner Lächeln“, weshalb ein Verstoß gegen § 3a HWG nicht vorliege. Hiergegen richtet sich die Berufung des Antragstellers.

Der Antragsteller beantragt,

Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18.09.2019, Az. 3-08 O 68/19 wird es der Antragsgegnerin und Berufungsbeklagten bei Meidung von Ordnungsgeld von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, im geschäftlichen Verkehr in Deutschland zu Zwecken des Wettbewerbs mit den Aussagen zu werben.

a) “ „Ilovemysmile ist eine kostengünstige individuelle Zahnspange für Leute, die wenig Zeit haben und trotzdem perfekt Zähne haben möchten. Sie sehen sofort beim ersten Termin, welche Ergebnisse Sie innerhalb von 6 Monaten erreichen können.“
b) “ (…)
c) “ „Bei ilovemysmile erhält man vierzehn Schienen für jeden Kiefer, die man jeweils 2 Wochen trägt, jede Schiene ist anders und verändert Ihre Zähne Schritt für Schritt … Und bald werden Sie auf Fotos deutlich schöner Lächeln“
d) “ (…)

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Der Antragstellerin steht aus §§ 8 I, III Nr. 1, 3a UWG i.V.m. § 3 Nr. 1c MPG, § 3 S. 1 Nr. 2a) HWG der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu, da die Antragsgegnerin entgegen § 3 Nr. 1c MPG, § 3 S. 1 Nr. 2a) HWG den Eindruck erweckt hat, dass ein Erfolg der beworbenen Behandlung mit Sicherheit erwartet werden kann.

1.) Das Landgericht ist zu Recht von einer Anwendbarkeit des § 3 S. 1 Nr. 2a HWG ausgegangen. Nach § 3 Nr. 1c MPG handelt es sich bei einer Zahnspange um ein Medizinprodukt, nämlich um einen Gegenstand, der der Veränderung des anatomischen Aufbaus zu dienen bestimmt ist, ohne ein Arzneimittel zu sein. Somit finden nach § 1 I Nr. 1 a HWG die Regelungen des HWG Anwendung. Ihren erstinstanzlichen Vortrag, wonach es sich bei ihren Zahnspangen um Kosmetikprodukte handele, hat die Antragsgegnerin im Berufungsverfahren auch nicht weiterverfolgt.

2.) Der Antragsgegner hat durch die streitgegenständlichen Aussagen entgegen § 3 S. 1 Nr. 2a HWG fälschlich den Eindruck erweckt, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann.

a) Hinter der Regelung in § 3 S. 1 Nr. 2a) HWG steht der Gedanke, dass es aufgrund individueller Dispositionen beim einzelnen Patienten und variierenden Erscheinungsformen von Krankheiten stets zu einem Therapieversagen kommen kann (BVerwG NJW 1994, 2433,2435), mit dem eine Erfolgsgarantie unvereinbar ist (Dieners/Reese PharmaR-HdB/Reese/Holtorf Rn. 165 mwN). Nach dem Gesetzeswortlaut ist an sich nicht das Versprechen eines Erfolgs, sondern das Hervorrufen des Eindrucks, dieser sei sicher, unzulässig. Ob ein solcher Eindruck erweckt wird, hängt vom Verständnis eines durchschnittlichen Werbeadressaten ab und erfordert keine ausdrückliche Garantie (BGH NJW 1984, 1407 – THX-Injektionen; OLG Köln GRUR 2000, 156 (157) – Erfolgsrisikobeteiligung bei Arzneimitteln). Dagegen wird ein Verstoß gegen Nr. 2a verneint bei allgemein gehaltenen Anpreisungen.

Maßgebend für die Beurteilung einer Werbeaussage ist dabei, wie der angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung versteht. Auszugehen ist dabei vom Wortsinn des angegriffenen Werbeslogans. Bei Anpreisungen, deren Inhalt zwar ganz oder teilweise objektiv nachprüfbar ist, die der Verkehr aber als reklamehafte Übertreibungen wertet, fehlt es an einer Irreführung, soweit der Verkehr die Angaben als Tatsachenbehauptung nicht ernst nimmt. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn (und je mehr) subjektive Einschätzungen und Wertungen erkennbar der Werbeaussage zugrunde liegen (KG Berlin, Beschluss vom 03. August 2010 – 5 W 175/10, Rnr. 2 – Bester Powerkurs aller Zeiten). Bei der Beurteilung einer Superlativwerbung spielen – ungeachtet bestehender Möglichkeiten zur Feststellung der Qualität des beworbenen Produkts – für die Beantwortung der Frage – was z.B. „das Beste“ ist – subjektive Einschätzungen und Bewertungen eine entscheidende Rolle.

b) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat die Antragsgegnerin durch die Werbung mit „perfekten Zähnen“ einen Behandlungserfolg versprochen (Antrag a).

(1) Die Antragsgegnerin spricht mit ihrer Werbeaussage jedenfalls den allgemeinen Verkehr an; ob darüber hinaus auch gezielt Jugendliche angesprochen werden, kann angesichts der Tatsache, dass dies nur zu einer strengeren Auslegung führen könnte, dahinstehen. Denn auch der allgemeine Verkehr wird der Angabe „perfekte Zähne“ den Eindruck eines sicheren Behandlungserfolgs entnehmen.

(2) Das Landgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, es handele sich bei der Angabe „perfekte Zähne“ um ein rein subjektives Werturteil. Zwar mag die Perfektion von Zähnen nicht vollständig objektivierbar sein. Zu beachten ist aber der Kontext der Angabe. Es geht in der Werbung offensichtlich um die Korrektur von Zahnfehlstellungen. Der Umstand, ob Zähne gerade sind oder nicht, lässt sich durchaus vom Standpunkt eines objektiven Betrachters beurteilen und wird in der Werbung auch fotografisch dargestellt. Damit enthält die Werbeangabe, „Ilovemysmile ist eine kostengünstige individuelle Zahnspange für Leute, die wenig Zeit haben und trotzdem perfekte Zähne haben möchten“, einen objektiven Tatsachenkern, der zugleich ein Erfolgsversprechen beinhaltet.

(3) Entgegen der Ansicht des Landgerichts versteht der angesprochene Verkehr das Werbeversprechen der Perfektion im hier gegebenen Kontext auch nicht als bloße reklamehafte Übertreibung. Zwar ist dem Verbraucher geläufig, dass Superlative in der Werbung oft nur als Anpreisungen, nicht als Tatsachenbehauptung verwendet werden (vgl. BGH GRUR 2002, 182 -Das beste jeden Morgen). Dies kann jedoch im Streitfall nicht angenommen werden, da es um den Werbeauftritt einer Ärztin geht. Bei Werbemaßnahmen und Internetauftritten von Ärzten besteht eine andere Verkehrserwartung als bei Werbemaßnahmen „normaler“ Unternehmer. Der Verbraucher bringt Ärzten aufgrund ihres Heilauftrags ein besonderes Vertrauen entgegen und geht daher von einer gewissen Objektivität und Zurückhaltung bei Werbeangaben aus. Er misst ihren Angaben eine gewisse Autorität zu und ist daher weniger geneigt, von einer bloßen reklamehaften Übertreibung auszugehen. Er nimmt die Angaben in Zweifel ernst. Davon ist auch vorliegend auszugehen.

(4) Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin wird das Versprechen perfekter Zähne nicht durch den nachfolgenden Satz: „Sie sehen sofort beim ersten Termin, welche Ergebnisse Sie innerhalb von 6 Monaten erreichen können“ relativiert. Der Verbraucher versteht den Satz so, dass die konkrete Verbesserung vor Ort aufgezeigt wird. Es geht nicht darum, dass erst geklärt werden muss, ob überhaupt eine Verbesserung möglich ist.

c) Ein Erfolgsversprechen liegt auch in der Angabe „… jede Schiene ist anders und verändert Ihre Zähne Schritt für Schritt … Und bald werden Sie auf Fotos deutlich schöner Lächeln“ (Antrag b). Zwar mag es sein, dass ein schönes Lächeln von subjektiven Vorstellungen abhängt. Im hier gegebenen Kontext bezieht sich die Angabe aus Sicht des Verkehrs jedoch auf eine gerade Zahnstellung, die als sicherer Erfolg versprochen wird.

3.) Das Landgericht ist schließlich zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei § 3 S. 1 Nr. 2a HWG um eine Marktverhaltensregel im Sinne von § 3a UWG handelt.

4.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

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